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Aufarbeitung bedeutet auch, die Versorgung Betroffener zu verbessern!

BKSF-Stellungnahme zum Zwischenbericht der Aufarbeitungskommission

Die Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend (BKSF) begrüßt den Zwischenbericht, den die Unabhängige Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs heute vorlegt. Nachdrücklich schließen wir uns den Forderungen der Kommission nach einer verbesserten Unterstützung für Betroffene etwa durch spezialisierte Fachberatungsstellen an.

Die Aufarbeitungskommission gibt dem Leid und dem Unrecht, das Betroffenen widerfahren ist, Raum und eine öffentliche Stimme. Sie verankert eine Gedächtniskultur für ein Thema, das immer noch von vielen Seiten verdrängt oder bagatellisiert wird.  Wir halten diese wichtige Arbeit für unerlässlich, teilen aber die Einschätzung der Kommission, dass darüber hinaus die Politik gefragt ist, endlich auch die psychosoziale und materielle Versorgungslage von Betroffenen zu verbessern. In ihrem aktuellen Bericht legt die Kommission zur Aufarbeitung des sexuellen Kindesmissbrauchs dar, dass die enormen Belastungen, denen Betroffene im Aufarbeitungsprozess unterliegen, vor allem durch den Ausbau spezialisierter Beratung und Therapie behoben werden müssen. Im ersten Öffentlichen Hearing der Aufarbeitungskommission am 31.01.17 machten viele Betroffene deutlich, dass ihnen die Unterstützung und die parteiliche Begleitung gefehlt hatte, die sie gebraucht hätten. Gerade dies ist die Kernkompetenz der spezialisierten Fachberatungsstellen.

Auch wenn in den letzten Jahren einige Maßnahmen getroffen wurden, um sich des Themas der sexualisierten Gewalt in Kindheit und Jugend anzunehmen, ist immer noch viel zu wenig passiert. Für die allermeisten spezialisierten Fachberatungsstellen haben diese Maßnahmen in ihrer Arbeit für Betroffene und gegen sexualisierte Gewalt zu keinerlei Stabilisierung oder Verbesserung ihrer Situation geführt. Nach wie vor agieren sie am Limit ihrer Ressourcen während die Anforderungen stetig steigen.

Schon im Abschlussbericht des Runden Tisches im Jahr 2011 wurde gefordert „eine kontinuierliche finanzielle Absicherung von Beratungsleistungen zu gewährleisten und adäquate Finanzierungsmodelle zu prüfen.“ Diese Forderung bleibt unverändert – und unbearbeitet – bestehen: erst kürzlich hat der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (UBSKM), Johannes-Wilhelm Rörig, in einem Positionspapier die Forderung nach einer finanziellen Absicherung der Beratungslandschaft bestärkt, da nur so eine adäquate Versorgung von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen möglich sei. Von der Umsetzung dieser Forderung sind wir immer noch weit entfernt. Weiterhin werden die Empfehlungen des Runden Tisches wie gute Wünsche behandelt, die gerne vernachlässigt werden dürfen.

Aufarbeitung heißt nicht nur, die Vergangenheit zu untersuchen. Sie bedeutet auch, auf Basis des Gelernten auf die Verbesserung von Gegenwart und Zukunft hinzuwirken. Deswegen fordert die BKSF die politisch Verantwortlichen auf Bundes- und Länderebene auf, den Willensbekundungen tatsächliches Handeln folgen zu lassen. Gelegenheiten dafür bieten sich viele, wie etwa:

  • die Einführung eines Rechtsanspruchs auf Beratung für Betroffene in der aktuellen Reform des SGB VIII;
  • eine betroffenenorientierte Reform des Opferentschädigungsgesetzes;
  • die Verlängerung des Ergänzenden Hilfesystems und des Fonds Sexueller Missbrauch bis eine angemessene Versorgung von Betroffenen gesetzlich verankert ist;
  • die Verlängerung der Arbeitsperiode und eine verbesserte Ausstattung der Unabhängigen Kommission zur Aufarbeitung sexuellen Kindesmissbrauchs;
  • die dauerhafte Etablierung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des Sexuellen Kindesmissbrauchs mit zugehörigem Arbeitsstab.
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