Informationen zu Veränderungen beim Ergänzenden Hilfesystem

Schon seit dem Sommer war von Veränderungen in der EHS-Geschäftsstelle im BMFSFJ die Rede. Im direkten Austausch mit dem entsprechenden Referat haben wir folgende Information bekommen:

Zwei Bearbeitungswege

Es wird unterschieden zwischen Anträgen, die vor und nach dem 01.08.2018 eingegangen sind.

Die vor August 2018 eingegangenen Anträge, die zuletzt eine sehr lange Bearbeitungszeit hatten, werden weiterhin bearbeitet. Der „Berg“ der Anträge werde nach Aussage der Geschäftsstelle langsam aber sicher kleiner.

Parallel dazu werden neue Anträge seit August 2018 in einem neuen Bearbeitungsweg bearbeitet. Hierfür gilt folgendes. Die Geschäftsstelle des Fonds Sexueller Missbrauch prüft zeitnah nach Eingang, ob direkt eine Entscheidung getroffen werden kann, oder ob die Clearingstelle einzubinden ist und/oder ergänzende Angaben bzw. Unterlagen notwendig sind. Fortan kann die Geschäftsstelle also selbständig Nachfragen stellen bzw. über Anträge, die keine schwierige Sach- oder Rechtslage betreffen, entscheiden - auch ohne die Einbindung der Clearingstellen. Dieser Ablauf soll zu schnelleren Entscheidungen führen. Es wird darum gebeten, dass Anträge vollständig mit allen erforderlichen Unterlagen eingereicht werden, weil dann Nachfragen entfallen und eine schnellere Entscheidung möglich ist. Es sei nicht nötig, noch unvollständige Anträge abzugeben, um ein früheres Eingangsdatum zu erhalten.

Grundsätzlich entscheidet die Geschäftsstelle in welchen Fälle die Clearingstelle hinzugezogen wird.

Für alle Anträge, egal wann sie eingegangen sind und welchen Bearbeitungsweg sie nehmen gilt folgendes: Die Clearingstelle gibt lediglich eine Empfehlung zum jeweiligen Antrag ab. Auf Grundlage dieser Empfehlung wird die Entscheidung durch die Geschäftsstelle getroffen. Diese erlässt den Leistungsbescheid. Die Leistungen werden entsprechend der „Leitlinien für die Gewährung von Leistungen aus dem Fonds Sexueller Missbrauch im familiären Bereich“ gewährt. Die Leitlinien finden sich hier: https://www.fonds-missbrauch.de/fileadmin/content/Leitlinien_FSM_2016-12_barrierefrei.pdf[1]

In einem Gerichtsurteil vom Dezember 2015 (Verwaltungsgerichts Berlin, Aktenzeichen 26 K 204.14) wurde diese Verwaltungspraxis für richtig befunden. Drei Aspekte des Urteils möchten wir dabei herausheben:

Entscheidungskompetenz der Clearingstelle vs. der Geschäftsstelle

Das Gericht vertritt die Meinung, dass die Clearingstellen nicht über die erforderliche demokratische Legitimation für eigene hoheitliche Entscheidungen verfügen. Lediglich bei der Geschäftsstelle sei dies der Fall. Die Geschäftsstelle kann sich die Erwägungen der Clearingstelle zu eigen machen aber sie trifft eigenverantwortlich nach außen gerichtete Entscheidungen und trägt die Letztverantwortung.

Kein individueller Rechtsanspruch auf Leistungen

In der Entscheidung hat das Gericht die Auffassung vertreten, dass die Leitlinien keinen Anspruch auf Leistungen begründen, da es sich nicht um Rechtsnormen, sondern um verwaltungsinterne Anweisungen handelt. Die Vergabe von Leistungen steht im Ermessen. Ein Anspruch auf Leistungen besteht nur dann, wenn das Ermessen auf die Gewährung einer Leistung reduziert ist. Das heißt, ein Anspruch besteht nur dann, wenn jede andere Entscheidung rechtswidrig wäre, z.B., weil sie gegen das Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 GG verstößt.

Beschränkung auf Leistungen aus einem Fonds

Gegenwärtig sieht die ständige Verwaltungspraxis so aus, dass für Personen, die sexuellen Missbrauch sowohl im familiären Kontext als auch in Heimen erlebt haben, lediglich einmalig Leistungen aus einem der drei bestehenden Fonds (Fond Heimerziehung West, Fond Heimerziehung Ost, Fond Sexueller Missbrauch im familiären Bereich) bezogen werden können. Die*der Betroffene* hat ein Wahlrecht, bei welchem Fond sie*er Leistungen beantragt. Gegen diese Praxis hat das Gericht keine Einwände.

 

Links:

  1. https://www.fonds-missbrauch.de/fileadmin/content/Leitlinien_FSM_2016-12_barrierefrei.pdf