Austauschraum 8: Betroffene organisierter und ritualisierter Gewalt in spezialisierten Fachberatungsstellen

Tamara Luding berichtet:

Die 18 Teilnehmenden hatten einen hohen Bedarf, sich zu dem Thema auszutauschen. Zuerst stellten die Kolleg*innen, die zu ritualisierter und organisierter Gewalt beraten, fest, dass das Thema immer mehr in den Beratungsstellen ankommt und sich durch Corona weiter verschärft hat. Auch Anfragen von anderen Beratungsstellen, die mit der Thematik konfrontiert sind, nehmen zu.

Wunsch nach fachpolitischem Austausch und Intervisionsgruppen

Im Vordergrund des Austauschs stand der große Wunsch nach Vernetzung auf zwei Ebenen:

Zum einen wünschten sich Teilnehmende einen fachpolitischen Austausch mit dem Ziel, Interventionsleitfäden für spezialisierte Fachberatungsstellen und für andere Institutionen zu entwickeln. Besprochen werden sollten zudem Beratungskonzepte, notwendige Schutzmaßnahmen für die Berater*innen selbst und Vernetzungsmöglichkeiten mit anderen Playern wie etwa stationären Einrichtungen.

Zum anderen äußerten Teilnehmende den Wunsch nach einem ganz konkreten Fachaustausch: So sollen Intervisionsgruppen mindestens angestoßen werden. Ebenso sollte es Austauschmöglichkeiten dazu geben, wie man lokale Netzwerke aufbauen und etablieren kann und was das Team einer spezialisierten Fachberatungsstelle braucht, um zum Thema ritualisierte und organisierte Gewalt arbeiten zu können.

Diverse Wünsche und Arbeitsaufträge

Über die Bereitstellung von Austauschmöglichkeiten hinaus formulierte die Gruppe weitere Arbeitsaufträge an die BKSF:

So ist es aus ihrer Sicht dringend erforderlich, dass die BKSF gemeinsam mit Praktiker*innen einen staatlichen Auftrag formuliert und diesen mit konkreten Forderungen untermauert. Bisherige Papiere, z.B. aus dem Nationalen Rat, decken dies nicht ab, da sie nicht auf die Frage abheben, was Helfende brauchen. Einige Forderungen wurden in der Gruppe direkt benannt, etwa die weitere Stärkung des Hilfetelefons berta und der Ausbau von Schutzwohnungen für Aussteiger*innen. Für wichtig erachteten die Teilnehmenden auch, den Mehrbedarf spezialisierter Fachberatungsstellen für die Beratung Betroffener von ritualisierter und organisierter Gewalt zu benennen und bestenfalls zu beziffern. Sie hielten fest: Finanzielle Ressourcen dürfen sich dabei nicht nur auf die eigentliche Beratung beziehen, sondern müssen auch die begleitenden Maßnahmen wie Super- und Intervision, Weiterbildungen und Netzwerkarbeit einbeziehen.

Die BKSF soll außerdem erheben, welche Fachberatungsstellen im Bundesgebiet zu dem Thema arbeiten und damit auch den Bedarf nach Ausbau darstellen und in die Politik bringen.

Bei der Entwicklung von Forderungen und Strategien soll die BKSF an jeder Stelle Praktiker*innen aus dem Feld einbeziehen und sich mit anderen relevanten Akteur*innen zu dem Thema vernetzen. Dazu zählen u.a. die Polizei, z.B. die SOKOs rund um die großen Skandalfälle, das BKA und die LKAs, die Ärzteschaft und Sektenbeauftragte.

Wissenstransfer organisieren

Angesprochen wurde auch die große Sorge, dass viele Kolleg*innen nicht zu dem Thema arbeiten wollen oder können. Die BKSF soll hier für einen (intergenerationalen) Wissenstransfer sorgen und dazu beitragen, dass es mehr gute Fortbildungsangebote gibt. Außerdem wurde vorgeschlagen, dass die BKSF eine Materialsammlung für Fachberatungsstellen erstellt. Auf politischer Ebene soll sich die BKSF dafür einsetzen, dass Berater*innen durch angemessene Rahmenbedingungen – zum Beispiel Austauschmöglichkeiten, Wissenstransfer und Sicherheiten wie das Zeugnisverweigerungsrecht – dazu ermächtigt werden, gut zu dem Thema arbeiten zu können. 

Schließlich baten die Teilnehmenden die BKSF darum, mit gezielten Stellungnahmen auf unqualifizierte Medienberichte zu reagieren. Damit soll die BKSF die Haltung der Fachberatungsstellen verdeutlichen – und so auch auf gesellschaftlicher Ebene eine angemessene Auseinandersetzung mit ritualisierter und organisierter Gewalt vorantreiben.