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03.06.2021

PM: Besuch des Bundespräsidenten als wichtiges Signal für Betroffene und Unterstützer*innen

Bundespräsident spricht mit Betroffenen und Fachberatungsstellen über Unterstützung nach sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend

BERLIN | 03.06.2021

Als Kind oder Jugendliche*r sexualisierte Gewalt zu erfahren ist eine erhebliche Lebensbelastung. Aber natürlich gibt es ein Leben mit, nach und jenseits der Gewalt. Besonders wichtig ist dabei kompetente Unterstützung, die auf individuelle Bedarfe und Lebenswege eingeht. Dieses Thema steht im Mittelpunkt einer Begegnung von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend und Vertreter*innen von spezialisierten Fachberatungsstellen.
Am 04.06.2021 besucht Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier gemeinsam mit Elke
Büdenbender die Fachberatungsstellen Wildwasser Berlin und HILFE-FÜR-JUNGS e.V. sowie ihre Bundeskoordinierung, die BKSF. Es gibt ein gemeinsames Fachgespräch, das in den Räumen von Wildwasser Berlin in der Wriezener Straße 10, 13359 Berlin stattfindet. Im Vorfeld werden der Bundespräsident und Frau Büdenbender Gespräche mit Personen führen, die sexualisierte Gewalt erfahren haben. Ihre Perspektiven, Erfahrungen und Bedarfe stehen im Mittelpunkt der Veranstaltung. Diese Gespräche finden jedoch in geschütztem Rahmen ohne jegliche Öffentlichkeit statt.

„Wichtiges Signal und Würdigung unserer Arbeit“

„Wir freuen uns sehr darüber, dass der Bundespräsident und Frau Büdenbender den Kontakt mit Betroffenen von sexualisierter Gewalt suchen. Es ist ein wichtiges Signal, wenn sich das Staatsoberhaupt mit den Erfahrungen und Perspektiven von Betroffenen auseinandersetzt. Und es freut uns auch, dass die Arbeit der Fachberatungsstellen gewürdigt wird, die seit immerhin bald 40 Jahren Betroffene unterstützen und begleiten,“ sagt Katrin Schwedes von der BKSF – Bundeskoordinierung Spezialisierter Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend. Gemeinsam mit Irina Stolz und Dorothea Zimmermann (Geschäftsführerinnen von Wildwasser Berlin) und Lukas Weber (Geschäftsführer von HILFE- FÜR-JUNGS e.V.) hat sie die Begegnung mit dem Bundespräsidenten organisiert. Die BKSF vertritt an die 360 Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend im ganzen Land, die wichtige Anlaufstellen für Menschen mit Gewalterfahrungen sind.

„Betroffene erfahren zu wenig Solidarität“

Dass die Begegnung in den Räumen von Wildwasser Berlin stattfindet, der ersten
Fachberatungsstelle Deutschlands, erscheint Irina Stolz besonders bedeutsam: „Es waren
Betroffene aus der feministischen Bewegung und der Selbsthilfe, die in den 1980er Jahren dafür gekämpft haben, dass sexualisierte Gewalt an Kindern und Jugendlichen zum gesellschaftlichen Thema wurde. Sie haben das Tabu gebrochen, haben diese Gewalt gegen viele Widerstände ans Licht geholt. Und sie haben auch die ersten Fachberatungsstellen gegründet, um Andere zu unterstützen. Wildwasser Berlin ist eine davon.“ Ihre Kollegin Dorothea Zimmermann ergänzt sie: „Seit dieser Zeit hat sich viel getan. Aber es gibt noch so viele Baustellen. Immer noch erfahren Betroffene viel zu wenig gesellschaftliche Solidarität. Ihnen wird nicht geglaubt oder sie werden auf einen Opferstatus reduziert. Wir in den Fachberatungsstellen wissen genau: es gibt ein Leben nach der Gewalt. Wichtig ist vor allem, dass Betroffene Anerkennung und passende Unterstützung erfahren. Deswegen arbeiten wir mit einem klaren parteilichen Ansatz.“

„Selbstbestimmt und niedrigschwellig“

Anders als Wildwasser Berlin richtet sich HILFE-FÜR-JUNGS e.V. an männliche Betroffene und hat einen großen Schwerpunkt auf aufsuchender Arbeit. Wie vielen Fachberatungsstellen ist ihnen Niedrigschwelligkeit besonders wichtig. „Wir gehen dahin, wo gewaltbetroffene Jungen* sind um mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Und wir gehen auch mit in ihre Lebenswelten, um sie in der bestmöglichen Art und Weise unterstützen zu können,“ sagt Lukas Weber. „Ich denke, dass es das ist, was spezialisierte Fachberatung ausmacht. Wir verstehen die Dynamiken und Strukturen, die sexualisierte Gewalt begleiten und das Sprechen darüber so schwermachen können. Für uns steht die Selbstbestimmung von Betroffenen im Mittelpunkt. Wir begleiten, stabilisieren und unterstützen dort, wo es gerade wichtig ist, wo es gebraucht wird. Das können Beratungen sein, Alltagsunterstützung, die Begleitung bei Behördengängen oder Anderes.“

„Prekär finanziertes Hilfenetz trotz wichtiger gesellschaftlicher Aufgabe“

Allerdings arbeiten viele Fachberatungsstellen unter sehr prekären Umständen: „Enorm viele unserer Fachberatungsstellen sind chronisch unterfinanziert. Sie hangeln sich von Jahr zu Jahr, einige können ihre Mitarbeiter*innen nicht angemessen bezahlen. Fast alle müssen ständig auf Spendenjagd gehen. Bislang fehlt häufig der politische Wille in den Ländern und Kommunen, diese Arbeit wirklich wichtig zu machen. Wir hoffen, dass der Besuch des Bundespräsidenten ein Signal in die andere Richtung setzt,“ sagt Katrin Schwedes.

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