BKSF informiert - Ausgabe 25
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Liebe Leser*innen,
die aktuellen politischen Entwicklungen auf nationaler und internationaler Ebene bereiten auch uns in der BKSF-Geschäftsstelle Sorgen. Umso wichtiger ist uns, einen Überblick in unserem Arbeitsfeld zu behalten. Mitunter nutzen wir dafür Newsletter wie diesen, mit dem wir für ein wenig Ordnung und eine Übersicht zu wichtigen Entwicklungen sorgen wollen.
In diesen Entwicklungen sehen wir trotz der politischen Lage einige Chancen. Zuletzt wurde der Entwurf des Gewalthilfegesetzes in kürzester Zeit vom Kabinett verabschiedet. Das UBSKM Gesetz ist ebenfalls auf dem Weg und wir haben zuletzt die Anhörung vor dem Familenausschuss als Sachverständige begleitet.
Außerdem wurden neue Statistiken und Zahlen wie das Bundeslagebild des Bundeskriminalamts zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowie eine internationale Schätzung von UNICEF zu sexualisierter Gewalt veröffentlicht. Dadurch ist auch der dringend notwendige Gewaltschutz vermehrt in eine breite Öffentlichkeit gerückt. Kampagnen wie unsere #OrangeTheWorld Aktionen mit Tupoka Ogette, Ruth-Maria Thomas und Ninia Binias haben für zusätzliche Aufmerksamkeit gesorgt.
Wir freuen uns auf die Herausforderungen und die Arbeit im nächsten Jahr und blicken mit Spannung auf die Bundestagswahl. An dieser Stelle wünschen wir unseren Leser*innen schon einmal erholsame Tage und einen guten Start in 2025. Wir bleiben vom 23.12.2024 geschlossen und sind ab dem 06.01.2025 wieder wie gewohnt für Sie erreichbar.
Viel Freude bei der Lektüre wünscht
Ihr Team aus der BKSF-Geschäftsstelle
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Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Strukturen gegen sexuelle Gewalt an Kindern und Jugendlichen“ (UBSKMG) und Anhörung vor dem Familienausschuss im Bundestag
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Im Frühjahr haben wir bereits Stellung zum Referentenentwurf des UBSKMG bezogen. Kinder und Jugendliche müssen besser vor sexualisierter Gewalt geschützt und die Versorgung sowie Unterstützung von Betroffenen sichergestellt werden. Das UBSKMG ist ein wichtiger Schritt, um verbindliche Rahmenbedingungen für Prävention und Aufarbeitung zu schaffen. Im Juni hat die Bundesregierung den Entwurf beschlossen und die öffentliche Anhörung vor dem Familienausschuss des Bundestags hat im November stattgefunden. Im Rahmen dieser Anhörung haben wir eine Stellungnahme zum Gesetzentwurf veröffentlicht, die Sie hier einsehen können. Außerdem war unsere Referentin Dr. Franziska Drohsel als Sachverständige für die Anhörung geladen, die Sie sich auf der Website des Bundestags in voller Länge anschauen können. Wir fordern die Verabschiedung des UBSKMG noch in der laufenden Legislaturperiode. Es braucht dringend starke Strukturen gegen sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend und alle demokratischen Parteien müssen sich dieser Verantwortung annehmen.
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Stellungnahme zum „Entwurf eines Gesetzes für ein verlässliches Hilfesystem bei geschlechtsspezifischer und häuslicher Gewalt“ (GewHG)
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Der Referentenentwurf zum GewHG wurde vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) im November vorgelegt und bereits zum Ende des Monats vom Bundeskabinett beschlossen. Wir begrüßen den Gesetzentwurf außerordentlich, bei dem insbesondere der kostenfreie und niedrigschwellige Zugang zu Hilfs- und Unterstützungsstrukturen für Betroffene von Gewalt im Mittelpunkt stehen. Immer wieder wird deutlich, wie wichtig und notwendig ein solches Gesetz insbesondere für den Gewaltschutz von Frauen und Mädchen ist. Auch wir haben eine Stellungnahme abgegeben und appellieren für eine Verabschiedung durch den Bundesrat und Bundestag vor den geplanten Neuwahlen. Besonders wichtige Punkte sind die Verbesserung der Situation von Betroffenen, ein bundesweites und flächendeckendes Netz von Unterstützungseinrichtungen, der Zugang zum Hilfesystem für alle Betroffenen, die finanzielle Absicherung von Fachberatungsstellen sowie die Beteiligung des Bundes an der Finanzierung.
Unsere detaillierte Stellungnahme finden Sie auf unserer Website.
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Forderungen zu sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend im Rahmen der anstehenden Bundestagswahlen an die zukünftige Bundesregierung
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Sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend bleibt ein gravierendes gesellschaftliches Problem, das dringend eine langfristige und umfassende Strategie der Bundesregierung erfordert. In der kommenden Legislaturperiode muss ein klares Bekenntnis zur Bekämpfung dieser Gewaltform auf allen Ebenen verankert werden. Entsprechende Strategien müssen im Koalitionsvertrag festgehalten werden. Für einen wirksamen Gewaltschutz muss die Bekämpfung sexualisierter Gewalt als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden. Von der Justiz, über das Erziehungs- und Bildungswesen, Sportvereinen bis hin zur Politik. Alle Bereiche müssen betrachtet und einbezogen werden. Gemeinsam muss sichergestellt werden, dass sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend ressortübergreifend und ganzheitlich bekämpft wird. Deshalb richten wir uns mit unseren Forderungen an alle demokratischen Parteien, die an der Bundestagswahl 2025 teilnehmen.
Wir fordern: das Recht auf Beratung, die flächendeckende Gewährleistung von Beratungs- und Unterstützungsstrukturen, die Finanzierung von Beratungs- und Unterstützungsangeboten, ein Zeugnisverweigerungsrecht für Fachberater*innen, die Bekämpfung sexualisierter Gewalt im Netz, eine Reform des § 184 b StGB sowie Schutz- und Präventionskonzepte. Was genau hinter diesen Forderungen steht, können Sie im Detail auf unserer Website unter diesem Link nachlesen.
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Aktionen im Kontext von „Orange The World“ von UN Women Germany
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Seit 1991 macht die Kampagne „Orange the World“ von UN Women Germany auf Gewalt gegen Frauen und Mädchen aufmerksam. In diesem Jahr haben wir uns der Kampagne angeschlossen und uns dabei Unterstützung von bekannten Aktivist*innen wie Tupoka Ogette, Ninia LaGrande und Ruth-Maria Thomas geholt. Nicht nur das Bundeslagebild zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Mädchen und Frauen, sondern auch die weltweite Schätzung von UNICEF machen deutlich: Frauen und Mädchen werden nicht ausreichend vor Gewalt geschützt. Wir alle stehen in der Verantwortung den Gewaltschutz zu verbessern, diesen konsequent von politischen Entscheider*innen einzufordern und in der Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen. Das Gewalthilfegesetz ist zwar auf dem Weg. Allerdings wäre es utopisch zu denken, dass geschlechtsspezifische Gewalt dadurch verschwindet. Entsprechend haben wir uns dem Thema im Rahmen der Kampagne gewidmet, um eine breitere Öffentlichkeit darauf aufmerksam zu machen.
Unsere Aktionen und die kurzen Interviews können Sie auf Instagram nachlesen.
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Neues aus Gesellschaft und Politik |
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Fachpublikation des Bundesministeriums für Justiz „Praxishinweise zum Verhältnis von Psychotherapie und Strafverfahren“
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In der Beweisaufnahme bei Strafverfahren spielt der Zeug*innenbeweis eine zentrale Rolle. Insbesondere dann, wenn andere Beweismittel fehlen. Der Ausgang eines Strafverfahrens basiert damit maßgeblich auf der Glaubhaftigkeit von Zeug*innenaussagen. An Gerichten können Betroffene mit der Haltung konfrontiert sein, dass eine Psychotherapie vor und während des Strafverfahrens negative Auswirkungen auf die Glaubhaftigkeit einer Aussage haben kann. Im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz (BMJ) hat eine Expert*innengruppe einen Leitfaden erarbeitet, der Klarheit über das Verhältnis von Psychotherapie und Glaubhaftigkeit in Strafverfahren schaffen soll. Enthalten sind u.a. auch Praxistipps zur Entwicklung von Maßnahmen, damit eine von Zeug*innen benötigte Therapie ohne negative Auswirkungen auf das Strafverfahren in Anspruch genommen werden kann. Mehr dazu lesen Sie im Praxisleitfaden auf der Website des BMJ unter diesem Link.
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Schätzung zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche weltweit von UNICEF
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Im November hat UNICEF erstmalig eine globale Schätzung zu sexualisierter Gewalt gegen Kinder und Jugendliche veröffentlicht. Laut dieser sind ca. 370 Mio. Mädchen und ca. 240 bis 310 Mio. Jungen weltweit von sexualisierter Gewalt betroffen. In den zuvor genannten Zahlen sind „nicht-körperliche“ Formen wie z.B. sexualisierte Gewalt mittels digitaler Medien nicht erfasst. Die Daten wurden zwischen 2010 und 2022 in 120 Ländern erfasst und decken somit nur 80 Prozent der Weltbevölkerung ab. Aufgrund weiterer Datenlücken muss von einer weitaus höheren Zahl betroffener Kinder und Jugendlicher ausgegangen werden. In Anbetracht dieser Schätzung wird wiederholt deutlich, dass gesetzliche Vorschriften und Rahmenbedingungen sowie der Zugang zu Beratungs- und Unterstützungsangeboten dringend notwendig sind. Weitere Infos zu dieser Schätzung finden Sie auf der Website von UNICEF.
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Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ veröffentlicht
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Ebenfalls erstmalig erhoben wurden Daten zu geschlechtsspezifischer Gewalt gegen Frauen und Mädchen. Im Bundeslagebild „Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten 2023“ vom Bundeskriminalamt (BKA) wird ein verheerendes Bild gezeichnet. In 2023 gab es durchschnittlich täglich einen Femizid. 52.330 Fälle sexualisierter Gewalt und davon mehr als die Hälfte (51 Prozent) gegen Frauen unter 18 Jahren. Einen Anstieg von 25 Prozent im Vergleich zum Vorjahr bei Gewalt mittels digitaler Medien. Auch hier muss von einem großen Dunkelfeld ausgegangen werden, das vom Bundeslagebild nicht erfasst wird. Mit diesem kommt Deutschland zwar einer Verpflichtung gemäß der Istanbul-Konvention nach. Ausreichend ist das allerdings noch lange nicht. Umso mehr begrüßen wir das bereits oben angesprochene Gewalthilfegesetz. Es braucht einen flächendeckenden Ausbau von Unterstützungs- und Beratungsangeboten. Eine gesicherte Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen. Gesetzlich festgeschriebene Rahmenbedingungen. Schlussendlich braucht es das Gewalthilfegesetz noch in der verbleibenden Legislaturperiode. Mehr zum Bundeslagebild finden Sie auf der Website des BKAs.
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„Und was denkst du über die Kinderpolitik der AfD?“ Kampagne von Terre des Hommes
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Etliche von der AfD geplante Maßnahmen gefährden die Rechte und Selbstbestimmung von Kindern und Jugendlichen. Dafür genügt ein Blick in die Wahlprogramme der AfD. In einer gelungenen Kampagne widmet sich Terre des Hommes dem Thema und macht deutlich, worum es der AfD bei ihrer vermeintlichen „Kinderpolitik“ geht – patriarchale Strukturen, Ableismus, Rassismus und andere Formen von Menschenfeindlichkeit. Die Organisation hat Plakate, Sharepics, Broschüren und weitere Informationen auf der Kampagnenseite www.tdh.de/afd-kinderrechte zusammengestellt.
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„Inklusives SGB VIII“ (Entwurf eines Gesetzes zur Ausgestaltung der Inklusiven Kinder- und Jugendhilfe)
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Mit Ratifizierung der UN Behindertenrechtskonvention (UN BRK) hat sich Deutschland zur Förderung und dem Schutz der Rechte von Menschen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen verpflichtet. Das Inklusive SGB VIII (Sozialgesetzbuch VIII – Kinder- und Jugendhilfe) ist ein wichtiger Schritt, um die Unterstützung für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen und ihre Familien umfassender und inklusiver zu gestalten. Mit der Reform soll insbesondere die Integration von Angeboten der Kinder- und Jugendhilfe mit den Leistungen für Kinder und Jugendliche mit Behinderungen vorangetrieben. Die aktuelle Bundesregierung hat ihre Versprechen aus dem Koalitionsvertrag bisher nicht eingelöst und es ist längst überfällig, dieser Verpflichtung nachzukommen. Auch Verbände, Organisationen und Selbstvertreter*innen fordern den Beschluss des Gesetzentwurfs in der laufenden Legislaturperiode. Auch wir unterstützen diese Forderung, denn das SGB VIII regelt u.a. den Zugang zu Unterstützungs- und Beratungsangeboten bei sexualisierter Gewalt. Mehr Informationen zum Inklusiven SGB VIII finden Sie hier.
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Neues aus Kultur und Literatur |
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„Trauriger Tiger“ von Neige Sinno
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Neige Sinno ist eine französische Autorin und hat 2023 ihr Buch „Trauriger Tiger“ veröffentlicht, dass in diesem Jahr ins Deutsche übersetzt wurde. Das autobiografisch geprägte Werk behandelt insbesondere sexualisierte Gewalt, die die Autorin durch ihren Stiefvater während ihrer Kindheit erleben musste. Sie setzt sich nicht nur mit ihren individuellen traumatischen Erfahrungen auseinander, sondern auch mit dem Strafprozess gegen ihren Stiefvater, den Nachwirkungen der sexualisierten Gewalt und was diese für ihre Identität und Beziehungen zu anderen Menschen bedeutet. Dieses Werk ist ein eindrucksvolles Beispiel dafür, wie Literatur auf gesellschaftliche Missstände aufmerksam machen kann.
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