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Partizipation in der Forschung zu sexualisierter Gewalt im kirchlichen Kontext

Ende März 2023 befasste sich die Tagung "Wege.Möglichkeiten. Grenzen." der Forschungsstelle für Zeitgeschichte in Hamburg, des ForuM -Projekts mit seinen Studien zur Aufarbeitung im Bereich der evangelischen Kirche sowie der Hochschule Hannover mit der laufenden Forschung zu sexualisierter Gewalt in Kindheit und Jugend im kirchlichen Kontext und speziell mit Fragen der Partizipation.

Die Tagung berichtete von einer Vielzahl unterschiedlicher Partizipationswege und fragte speziell nach deren disziplinären, methodischen oder erkenntnistheoretischen Begründungen, auch im Vergleich zwischen den Konfessionen.

Die Aufgabe für den Referenten der BKSF auf der Tagung bestand in einer Kommentierung der Tagungsbeiträge von Dr. Helga Dill und Dr. Peter Caspari (IPP München) sowie von Prof. Dr. Klaus Große-Kracht (Historiker aus Münster und Hamburg), sowie in einer Podiumsteilnahme.

Klaus Große Kracht beschrieb und analysierte anhand eines Falles aus dem Bistum Münster die realen zeitliche und sachlichen Ausschlussprozesse von Fällen sexualisierter Gewalt, zu denen Informationen nicht mehr herbeigeführt werden können: Statt den jeweiligen kategorischen Ausschluss von kaum überprüfbaren Aussagen auf allen beschrittenen Wegen  lediglich festzustellen und auf sich beruhen zu lassen, empfahl Große-Kracht höchstmögliches Bemühen um eine graduelle Integration als „fragile Fakten“, als Fälle mit geringerer Informationsdichte („Ränder der Informationsdichte“) und falls das nicht helfe, deren Anerkennung in neuen aufarbeitungspolitischen Institutionen (Kommissionen).

Im Beitrag von Helga Dill und von Peter Caspari ging es um mögliche und faktische auftretende Divergenzen zwischen Forschenden und Betroffenen in partizipativ ausgestalteten Projekten.

In der Kommentierung konnte Harald Wiester (BKSF) die graduelle Integration von Wissen in der Aufarbeitungsforschung und in aufarbeitungspolitischen Kommissionen (Klaus Große Kracht) als in der Praxis eng verwandt und in jedem Fall beispielgebend für den Umgang mit sexualisierter Gewalt in der Fachberatung hervorheben. Dabei ist auch an den Kontrast zu Darstellungen der False-Memory-Fürsprecher zu denken, die den entgegengesetzten Weg auch jenseits von Gerichtsverfahren nahelegen.

Zu den Identitätskonflikten in stark partizipativ ausgestalteten Forschungsprojekten, von denen Helga Dill und Peter Caspari berichteten, konnte gefragt werden, ob Partizipationsangebote nicht allein eine vertrauensbildenen Maßnahme, sondern auch eine Kompensation für Zumutungen darstellen könnten -- was nun nicht unbedingt als gut zu bewerten wäre. Bei diesen Zumutungen war an solche gedacht, mit denen sich Betroffene konfrontiert sehen, wenn sie merken, dass es um Feststellung ihrer eigenen Geschichte und deren Kontextualisierung mit anderen Fällen geht. Das geschieht regelmäßig in zeithistorischer Forschung zu lebenden Personen, es berührt aber empfindlich die Rolle des betroffenen Subjekts in Beziehung zu sich selbst, wenn es weiß. dass ein Diskurs der Wahrheit über es geführt wird.

In der Podiumsdiskussion fragte Kirsten Heinsohn danach, ob gesellschaftliche Betroffenheit (noch) als Voraussetzung von Partizipation gelte und worin diese im Fall von sexualisierter Gewalt im Kontext der Kirchen liege. Zu Sprache kam angesichts von den benannten Konflikten auch eine Kritik am geläufigen Stufenmodell der Partizipation (Sabine Andresen). Gefragt wurde hingegen auch, ob Betroffene entgegen einer eng kooperierenden Rolle von Betroffenen im Rahmen der Forschung nicht eine andere Rolle hätten, nämlich die der eigentlichen Auftraggeber der Forschung (Matthias Katsch). Der Referent der BKSF äußerte sich zurückhaltend, was die auftraggebende wie die inhaltlich mitverantwortende Rolle von Betroffenen angeht und erinnerte an die Verantwortung der Forschenden zu begründen, welche Methode und Partizipationsform gewählt wurde. Er betonte aber, dass die BKSF der Forschung z.B. helfen könne, Zugang zum Feld zu finden und dass sie bei der Dissemination von Forschungsergebnissen kooperieren könne.

Aufarbeitungsprozesse sind für Fachberatungsstellen wichtig, da sie bisweilen angefragt werden, an Aufarbeitungsprojekten als Begleitung von Betroffenen teilzunehmen und gelegentlich ihr Wissen einzubringen.

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