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Workshop 5 - BKSF-Formate: Arbeit mit Kindern zwischen 4 und 12 Jahren

(Silke Schnabel, Kerstin Demuth)

Seit Januar 2022 bietet die BKSF Fachberatungsstellen, die auf sexualisierte Gewalt in Kindheit und Jugend spezialisiert und sich zur Arbeit mit jüngeren Kindern austauschen und fachlich weiterentwickeln wollen, die Gelegenheit, dies im Rahmen einer Arbeitsgemeinschaft zu tun. Die Treffen dieser AG fanden seither digital statt. Dieser Workshop ermöglichte es den angereisten AG-Teilnehmenden, sich persönlich kennen zu lernen und auszutauschen. Außerdem sollten neue Interessierte eingeladen werden, die AG kennen zu lernen und vielleicht in Zukunft dabei zu bleiben.

Insgesamt nahmen 15 Personen am Workshop teil; zur Hälfte waren das Teilnehmende, die schon im Verlauf des letzten Jahres an der AG teilgenommen haben. Die andere Hälfte bildeten neu hinzugestoßene Interessierte. Schon in der Vorstellungsrunde wurde deutlich, dass die anwesenden Berater*innen sehr verschiedene organisatorische und inhaltliche Profile vertreten: von unabhängigen spezialisierten Fachberatungsstellen über Beratungsstellen, die an das Jugendamt angegliedert sind bis hin zu Fachberatungsstellen, die in ihrer Arbeit auch die Arbeit mit übergriffigen Kindern und Jugendlichen integriert haben. Einige arbeiten schon lange mit Kindern, auch jüngeren, in der Beratungsstelle, andere wollen ihr Angebot dahingehend erweitern. Des Weiteren stammten die Teilnehmenden aus sehr unterschiedlichen beruflichen Disziplinen und damit auch Disziplintraditionen. Der Austauschbedarf war deshalb sehr groß.

Die AG ist entstanden, weil es eine Vielzahl von bundesweiten Anfragen aus dem Hilfesystem zur konkreten Arbeit mit Kindern gibt, zum Beispiel aus Schulen oder Kitas. Bei diesen Hilfesuchenden herrscht oft Not, weil es wenig niedrigschwellige Angebote für Kinder jenseits von Psychotherapie gibt. Sowohl im AG-Prozessverlauf als auch im Workshop bestand Einigkeit darüber, dass es nicht der Auftrag der spezialisierten Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt ist, in Verdachts- oder Vermutungsfällen abzuklären. Wesentlich mehr Diskussionsbedarf besteht bei folgenden Fragen:

  • Wie arbeite ich mit einem Kind, wenn nicht klar ist, ob sexualisierte Gewalt stattgefunden hat? Worauf muss ich achten?
  • Was heißt es überhaupt, mit Kindern zu „arbeiten“? Geht es darum, eine gemeinsame gute Zeit zu haben? Welche Ziele dürfen verfolgt werden, welche vielleicht nicht?
  • Welche Inhalte sind in der Arbeit mit Kindern relevant?
  • Welche Methoden sind in der Beratungsstelle umsetzbar?
  • Wie grenzt sich eine Fachberatungsstelle nach außen ab, z.B. gegen Forderungen des Jugendamts, des erweiterten Hilfesystems etc.? (Stichwort: informelle Verantwortungsabgabe)
  • Welche Konzepte und Möglichkeiten existieren in den unterschiedlichen Bundesländern?
  • Welche Kooperationen gelingen und können gute Best-Practice-Beispiele für andere Beratungsstellen sein?
  • Kann man bei Kindern eigentlich von Beratung sprechen oder ist der Begriff nicht passend?

In der AG-Arbeit des letzten Jahres wurden Fälle auf folgende Art besprochen: eine Person brachte einen anonymisierten Fall ein und alle Interventionsschritte beschrieben. Dies haben die Teilnehmenden mit ihrer eigenen Praxis verglichen und darüber miteinander diskutiert. Diese Fallbesprechungen wurden von allen als sehr bereichernd empfunden. Es zeichnete sich der große Wunsch ab, die AG in dieser Form weiter zu führen. Im Workshop selbst wurde kein konkreter Fall besprochen. Der Austausch schöpfte den zeitlichen Rahmen des Workshops voll aus.

 

Ergebnisse der Diskussion:

Es ist sehr deutlich geworden, dass sich in der Arbeit mit jüngeren Kindern verschiedene Arbeitsfelder treffen: klassische Erziehungsberatung, Kinderschutz und Kinderschutzzentren sowie spezialisierte Fachberatung gegen sexualisierte Gewalt. Dies ist nicht unbedingt ein Problem, es bringt jedoch mit sich, dass es eine Reihe an historisch gewachsenen Fachtraditionen gibt, welche wiederum Haltungsfragen und Qualitätskriterien generieren, die nicht unbedingt zusammenpassen und neu diskutiert werden müssen. Wenn spezialisierte Fachberatungsstellen sich entschließen, auch mit jüngeren Kindern zu arbeiten und nicht vorrangig mit deren Bezugspersonen, dann können bestehende Konzepte aus anderen Settings wie der Erziehungsberatung oder der Kinderpsychotherapie nicht einfach übernommen werden. In diesem Fall muss sehr genau diskutiert und stückweise erprobt werden, was umsetzbar ist und wie das mit den Grundwerten der parteilichen Betroffenenarbeit zusammenpasst.

 

Festgeschriebene Konzepte für die Arbeit mit jüngeren Kindern in spezialisierten Fachberatungsstellen gegen sexualisierte Gewalt gibt es bisher nur sehr wenige. Zwar folgt die Beratung derer, die dies schon anbieten, natürlich einem Konzept, jedoch geht die qualitätssichernde Verschriftlichung im Beratungsalltag oft unter. In vielen Beratungsstellen arbeitet häufig nur ein*e Kolleg*in mit jüngeren Kindern, da sie aus verschiedenen Gründen (z.B. Ausbildung, persönliches Interesse) Expert*in für diesen Themenbereich ist. Diesen Berater*innen fehlen dann oft die entsprechenden Fall-Intervisionen. Das Angebot ist damit sehr personengebunden und im Fall von Krankheit, dem altersbedingten Ausscheiden oder einem Personalwechsel und in dieser Form vielleicht nicht mehr so leicht aufrecht zu erhalten. Es gibt den großen Wunsch, Konzepte und Methoden in diesem Rahmen bundesweit zu teilen. Es wäre spannend zu sehen, ob aus der Arbeit der AG auch ein Konzept entstehen kann.

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