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Starke Kritik von Sachverständigen an geplanter SGB VIII-Reform

Aktuelle Informationen von der Anhörung im Ausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend am 19.6.2017

Gestern haben wir an der Sachverständigenanhörung zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG), welches insbesondere das SGB VIII betrifft, als Zuschauer*innen teilgenommen. Gerne wollen wir Sie/Euch über die durchaus überraschenden Entwicklungen dazu informieren.

Im März haben wir eine Stellungnahme eingereicht, in der wir die unzureichende Beteiligung von Fachkreisen und die Einräumung einer Frist von vier Werktagen zur Stellungnahme kritisiert haben. Diese Auffassung wurde von fast allen anwesenden Sachverständigen geteilt, von denen niemand zu einer einhellig positiven Einschätzung des Gesetzesvorhabens kam. Stattdessen gab es von vielen Seiten deutliche und themenübergreifende Kritik am KJSG und dem ausgebliebenen fachlichen Dialog im Vorfeld. Einige, wie etwa Dr. Wolfgang Hammer, forderten, das aktuelle Gesetzesvorhaben zu stoppen und in der neuen Legislaturperiode eine umfassende und gut durchdachte, gemeinsam mit der Fachwelt entwickelte Reform des SGB VIII anzugehen. In der Anhörung wurden einige für uns relevante Themen diskutiert, wie beispielweise Übergangshilfen für Care Leaver und die Situation von Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen. Ein Überblick über die in der Anhörung vorgetragenen Grundpositionen ist hier zu finden.

Sehr interessant war für uns auch die Stellungnahme von Lisi Maier vom Bundesjugendring, die die geplante Ausweitung der Meldepflichten für erlaubnispflichtige Einrichtungen auch auf nicht erlaubnispflichtige Einrichtungen als nicht umsetzbar für die ehrenamtliche Jugendarbeit kritisierte. Dadurch würden keine realen Schutzlücken geschlossen. Stattdessen sei es notwendig, mehr Ressourcen in die Jugendämter, Jugendarbeit und die spezialisierten Fachberatungsstellen zu lenken. Dabei bekräftigte Maier den Willen des Bundesjugendrings, wirksame Maßnahmen zum Schutz vor sexualisierter Gewalt in der Jugendarbeit zu fördern.

Auch wir schließen uns der Einschätzung an, dass eine Bürokratisierung und staatliche Verantwortungsverlagerung hin auf den zivilgesellschaftlichen Bereich bei gleichzeitig angestrebter Kostenminimierung nicht der richtige Weg ist, um effektiven Gewaltschutz zu bewirken. Außerdem wurde uns wieder einmal deutlich, dass unsere Anliegen eng mit anderen Themengebieten verbunden sind und eines gemeinsames Vorgehens mit anderen fachlichen Akteur*innen bedürfen. Den entsprechenden fachlichen Austausch mit Kooperationspartner*innen werden wir in den nächsten Monaten verstärkt aufnehmen.

Bisher deuten sowohl Äußerungen seitens des Familienausschusses als auch der CDU/CSU darauf hin, dass das Gesetz eventuell nicht wie geplant in der nächsten Woche im Bundestag verabschiedet wird – und dementsprechend auch nicht mehr in dieser Legislaturperiode. Eine eindeutige Erklärung seitens der Bundesregierung gibt es aber noch nicht. Wir halten Euch/Sie natürlich weiter auf dem Laufenden. (19.06.2017)

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